Sie könnten es sich wesentlich einfacher machen, gerade in ihrem Alter, mit ihrer Reputation. Etwas spielen, das die Leute mit ihnen identifizieren: Locker swingenden Mainstream, fließende Musette. Hello Mr. Carter, nice to meet you! Bonjour Monsieur Galliano, comment allez vous? Jeder bleibt bei sich, lässt sich bejubeln und feiern; der eine in den Jazzclubs von Downtown, der andere in den Sälen nahe der Seine. Doch wer die beiden „partners in crime“ respektive „partenaires dans le crime“ kennt, der weiß zur Genüge, dass sie zeitlebens das Risiko suchten wie Adrenalin-Junkies, das Abenteuer Musik niemals von der sicheren Seite her angingen, sondern immer hinter den eigenen Horizont gelangen wollten. Vielleicht ist es Neugier, vielleicht aber auch die Klugheit, schon früh begriffen zu haben, dass die Beschränkung auf sich selbst niemanden voran bringt, sondern eher zu Stillstand, manchmal gar zu Rückschritt führt.
Also ließen sich Ron Carter und Richard Galliano zum zweiten Mal nach 1990, als sie ihr gefeiertes Album „Panamanhattan“ in Paris einspielten, auf das Wagnis einer interkontinentalen Kollaboration ein. Hier der französische Akkordeonmeister, dessen Finger mit akrobatischer Leichtigkeit über die Tastatur fliegen und das Instrument in Melancholie weinen oder vor Freude jubilieren lassen.
Mit diesen 20 flinken Werkzeugen bewegen sich die beiden Protagonisten des musikalischen Joint Venture ohne Berührungsängste aufeinander zu. Keiner verharrt in seiner angestammten Position. Wie zwei furchtlose Alpinisten balancieren sie über dem gähnenden Abgrund und vollführen waghalsige Manöver, springen gegenseitig immer wieder in die Bresche. Je länger die intimen Wanderungen voller subtiler Zwischentöne und feinsinniger, tänzerischer Eleganz dauern, umso größer scheint die Vertrautheit zu werden. Vier Carter-Kompositionen („Einbahnstrasse“, „Blues For D. P.“, „Ah Rio“, First Trip“), vier Stücke von Galliano („Tea For Toots“, „Billie“, „Waltz For Nicky“, „Tango For Claude“), für jeden ein Solo („You Are My Sunshine“ und „Aria/Libertango“): Nichts hat sich verändert. „Richard ergreift wirklich jede rhythmische und harmonische Gelegenheit“, wundert sich der Amerikaner über seinen französischen Partner.
01. Einbahnstrasse 5:56
02. Tea for Toots 6:18
03. Billie 5:51
04. Waltz for Nicky 5:13
05. You Are My Sunshine 5:39
06. Tango pour Claude 4:24
07. Blues for D.P. 4:46
08. Aria / Libertango 5:38
09. Ah, Rio 5:12
10. First Trip 5:15
11. It's About Time - Bonustrack Digital Only 4:45