Wer in der Vielzahl von Trios in der Jazz-Landschaft nicht versanden will, braucht Alleinstellungsmerkmale. Solea, bestehend aus Markus Horn (Klavier), Lars Hansen (Bass) und Heinz Lichius (Schlagzeug) bieten gleich mehrere davon. Beim Sound etwa, den Hansen durch den konsequenten Einsatz seines E-Basses wesentlich mitprägt. „Lars setzt ihn häufig als Melodieinstrument ein, was uns völlig neue Möglichkeiten beschert – spielerisch wie kompositorisch“, erklärt Bandleader Markus Horn, aus dessen Feder sämtliche Kompositionen des Albums „New to Old“ stammen.
In seinen Kompositionen greift er unterschiedliche Stimmungen auf, die er in groben Skizzen konserviert, ehe ihnen alle Bandmitglieder gleichberechtigt Leben einhauchen. „Lars hat völlig freie Hand, was er mit den Harmonien macht, die ich mitbringe. Meist entwickelt sich daraus ein Dialog, ein musikalisches Gespräch, das wir mal miteinander, mal gegeneinander führen“, so Horn. Auch Schlagzeuger Heinz Lichius sieht seine Aufgabe in einem wechselseitigen Prozess. Die Spielgefährten inspirieren und gleichzeitig von ihnen inspiriert werden. „Auch wenn die Kompositionen schon fertig sind, bleibt der Freiraum, sie umzudeuten. Dann eröffnen sich Wege, die die Musik noch viel größer machen können“, beschreibt Lichius den Reiz dieser besonderen Trio-Besetzung.
Im Gegensatz zu vielen anderen Jazztrios, ist der Sound von Solea deutlich europäischer orientiert. „Oft klingen Dreier-Besetzungen ja eher US-amerikanisch – mit Einflüssen aus Bebop, Neobop und Blues und vielen Dominantseptakkorden, die diesen typischen, sich reibenden Sound erzeugen. Ich finde die Klänge, die aus der Klassik kommen, wesentlich interessanter“, erklärt Horn seine musikalischen Vorlieben. In seinen Stücken finden sich Einflüsse stilprägender Jazz-Pianisten wie Keith Jarrett, Chick Corea, Brad Mehldau oder John Taylor – gepaart mit dem opulenten Sound impressionistischer Komponisten wie Maurice Ravel oder Claude Debussy. „Ich probiere sehr viel aus, um den Stücken eine stimmige Form zu geben. Oft stelle ich mir vor, ich würde statt für ein Trio für eine Bigband schreiben“, erläutert Horn seine Rolle als Komponist und Arrangeur. Am Ende dieses Prozesses stehen Kompositionen mit einem unverwechselbaren, geradezu räumlich anmutenden Klang.
Horn, Hansen und Lichius sind äußerst melodische Improvisatoren, die sich Zeit nehmen, ihre Geschichten zu erzählen. Mit „Pandora“ geben sie gleich zum Auftakt ihre Visitenkarte ab. Der Opener – mehr als zehn Minuten lang – enthält alle wesentlichen Elemente, die die Musik von Solea ausmachen: komplexe Strukturen und Harmonien, eingebettet in starke, stimmige Melodien mit hohem Wiedererkennungswert, die den Hörenden zum Mitsingen oder – summen animieren. In den sich anschließenden Soli gehen die Führungsinstrumente geschmeidig ineinander über und kreieren einen Flow, wie er eleganter nicht sein könnte. Ohrenscheinlich ist auch Horns Vorliebe für Filmmusik. Während ihn Stanislas Lems Science-Fiction Roman „Solaris“ zu jenen futuristischen Klängen inspirierte, die er im gleichnamigen Stück verarbeitet hat, ist der geheimnisvolle, mysteriöse Sound von „North by Northwest“ als Hommage an Alfred Hitchcocks berühmten Agententhriller „Der unsichtbare Dritte“ zu verstehen.
Abgerundet wird das Album durch zwei kurze Zwischenspiele („Miniature No. 1“ und „Miniature No. 2“), die aus jeweils einem Thema und einer Improvisation bestehen und mit ihrem majestätisch-hymnischen Charakter hörbar von der Spätromantik beeinflusst sind. Mit „New To Old“ beweisen die drei Musiker von Solea eindrucksvoll, dass es zwischen Jazz, Pop, Kammermusik und Avantgarde keine Trennlinie geben muss. Und dass es auch in Trio-Besetzung möglich ist, eigene Wege zu gehen. Vom Neuen ins Alte – und vice versa.
Markus Horn, piano
Lars Hansen, bass
Heinz Lichius, drums
01. Pandora
02. Pulsar
03. New to Old
04. Miniature No.2
05. Solaris
06. North by Northwest
07. Miniature No.1
08. Quarks
09. Stranger Danger
10. Flow Channel
Domi