Unter Jazzfreunden kann man herrlich darüber streiten, ob »Europäischer Jazz« ein nützlicher Gegenentwurf zur amerikanischen Tradition ist, eine originelle Ergänzung dazu oder »auf dem Markt weniger wert als amerikanischer«, wie es in einem Wikipedia-Forum nachzulesen ist. Außer Zweifel steht allerdings, dass es auch diesseits des Atlantiks begnadete Musiker gab und gibt, die den Jazz seit Jahrzehnten geprägt und geformt haben. Dabei haben sie ganz eigene Spielweisen entwickelt, indem sie europäische Musiktraditionen mit den amerikanischen Einflüssen zusammenbrachten. Diesen Pionieren des europäischen Jazz eine Bühne zu geben, das war die Idee zur Artikelserie »European Jazz Legends«, die im Magazin Jazz thing in seiner 100. Ausgabe im September 2013 startete – und die inzwischen auf mittlerweile 18 Folgen zurückblickt.
Aus der symbolischen Bühne ist nun eine tatsächliche geworden – und sie steht in Gütersloh, mitten in Europa. Begleitend zu jeder Ausgabe des fünfmal jährlich erscheinenden Heftes findet in Kooperation mit unserem Label Intuition, der Stadt Gütersloh und WDR 3 ein eigens für diesen Anlass konzipiertes Konzert mit einem aktuellen Protagonisten der Serie statt, moderiert von Götz Bühler. Das Konzert inklusive Gesprächsrunde mit Götz Bühler wird aufgenommen und vom WDR 3 zeitversetzt gesendet; die musikalischen Highlights des Konzertes werden auf einer CD veröffentlicht.
Für jedes Jahr bis Ende 2017 sind also fünf Konzerte und fünf CDs zur Serie »European Jazz Legends« geplant, am Ende wird ein Buch entstehen, für das die Artikel aus dem Magazin überarbeitet und ergänzt werden, u. a. um Eindrücke aus den Konzerten und Gesprächsrunden. Die CD von Günter »Baby« Sommer ist bereits die neunte Veröffentlichung der »European Jazz Legends«-Reihe. Wir von Intuition sind stolz darauf, unseren Beitrag leisten zu können und danken allen Partnern und insbesondere den Musikern – und hoffen, dass sie den Hörern, die nicht live dabei sein konnten, Freude bereitet. Und denen, die im Publikum saßen, eine schöne Erinnerung darstellt.
Als Klangkünstler im Allgemeinen und Percussionist im Besonderen sowie als Solist oder Instrumentalist in einem Ensemble war und ist Sommer immer interessiert an der Ausdehnung des klanglichen Spektrums seines Schlagzeugs und an der Entdeckung neuen Repertoires. »Wenn man Afro-Amerikanische Kollegen fragt, woher sie kommen, antworten sie: ›von Mutter Afrika‹. Aber woher kommen wir? Diese Suche nach der Antwort begann mit dem Zentralquartett mit Uli Gumpert, und wir wurden fündig in den mittelalterlichen Liedern. Für westdeutsche Kollegen wie Brötzmann und andere war schon der Gedanke daran ausgeschlossen. Für uns aber stand das Wort ›frei‹ für die Freiheit, in jede Richtung zu denken.«
Für dieses Konzert in der Reihe »European Jazz Legends« im Theater Gütersloh am 31. Oktober 2016 – präsentiert von WDR 3, Jazz in Gütersloh, Intuition und Jazz thing – hat Günter »Baby« Sommer (nahezu) eine Band wiedervereinigt, die erstmals 1979 in der Jazzwerkstatt Peitz spielte. Um den möglicherweise »kompromittierenden« Einfluss des westdeutschen Trompeters Manfred Schoof zu mindern, hat die Kulturbehörde der DDR verlangt, dass zu der Band auch Musiker anderer Länder eingeladen werden. So kamen dann der italienische Bassklarinettist und Altsaxophonist Gianluigi Trovesi und der amerikanische Bassist Barre Philips zum ersten Konzert des Quartetts nach Peitz. Schon seit einiger Zeit spielt nun statt Barre Philips der in Berlin lebende Italiener Antonio Borghini den Kontrabass – der übrigens auch in der Band Alexander von Schlippenbach's spielte, veröffentlicht als European Jazz Legends Vol. 4.
1. Like Don 5:54
2. Inside Outside Shout 6:39
3. Mellow Mood 7:40
4. No Parietto 10:14
5. Andartes 6:02
6. Marias Miroloi 8:18
7. Hymnus 6:39
8. Interview With Günter Baby Sommer 11:06
Alto Saxophone, Alto Clarinet – Gianluigi Trovesi
Bass – Antonio Borghini
Design – Knut Schötteldreier
Drums – Günter Baby Sommer
Liner Notes – Götz Bühler
Photography By [Cover Photo] – Lutz Voigtländer
Producer – Volker Dueck
Trumpet, Flugelhorn – Manfred Schoof